Essen. Die Präsidentin des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen Dr. Ricarda Brandts hat bei der heutigen Jahrespressekonferenz die Geschäftsbilanz der nordrhein-westfälischen Sozialgerichtsbarkeit für 2012 vorgestellt. Die Belastung ist weiterhin sehr hoch. Im vergangenen Jahr sind bei den erstinstanzlichen Sozialgerichten 84.502 Streitverfahren (Klagen und Eilverfahren) und bei dem Landessozialgericht, der Berufungsinstanz, 7.263 Verfahren (insgesamt 91.765 Verfahren) eingegangen. 335 Richterinnen und Richter haben - zusammen mit den weiteren Beschäftigten - 93.784 Verfahren (erst- und zweitinstanzlich) erledigt. In der ersten Instanz konnten mehr Streitsachen beendet werden als eingingen. Dies hat dort den Abbau von Beständen, also von Verfahren, die bereits zu Jahresbeginn anhängig waren, ermöglicht. Frau Dr. Brandts: „Trotz des leichten Rückgangs der Verfahrenseingänge bei den Sozialgerichten ist die Arbeitsbelastung weiterhin sehr hoch. Im Durchschnitt hat jede Richterin und jeder Richter in der ersten Instanz 377 Verfahren erledigt. Das ist eine enorme Leistung.“

Obwohl viele Rechtsfragen acht Jahre nach Einführung von „Hartz IV“ mittler­weile durch die Rechtsprechung der Sozialgerichte, allen voran des Bundessozialgerichts, geklärt sind, ist die Verfahrensflut in diesem Bereich un­gebrochen. Einer der Hauptstreit­punkte ist nach wie vor die Höhe der von den Jobcentern zu erstattenden Unterkunfts- und Heizkosten. „Im Bereich dieses existenziellen Bedarfs herrscht immer noch große Rechtsun­sicherheit. Es fehlt zumeist an dem für die Berechnung dieser Kosten geforderten schlüssigen Konzept“, so Vizepräsident des Landessozialgerichts Martin Löns.

Die Bewältigung der sozialen Folgen von Krankheit, Behinderung und Erwerbsminderung gehört zu den weiteren zentralen Aufgaben der Sozialgerichtsbarkeit. Immer häufiger stehen psychische Erkrankungen im Mittelpunkt. So sind z.B. im Schwerbehindertenrecht über 17.000 Verfahren, im Rentenversicherungsrecht über 13.000 Verfahren und in der Krankenversicherung über 7.000 Verfahren eingegangen. Auch die sozialen Folgen von Globalisierung, europäischer Schuldenkrise und demographischem Wandel spiegeln sich in der Rechtsprechung der Sozialgerichte unmittelbar wider. „Die Sozialgerichtsbarkeit ist vor diesem Hintergrund ein Garant des sozialen Friedens und unverzichtbarer Wesenskern des sozialen Rechtsstaates“, so Frau Dr. Brandts.