Essen. In der heutigen Jahrespresse­konferenz hat der Präsident des Landessozialgerichts Nordrhein-West­falen Joachim Nieding die Geschäfts­bilanz der Sozialgerichtsbarkeit in Nordrhein-Westfalen für 2015 vorge­stellt. Der Bedarf an sozialem Rechts­schutz in Nordrhein-Westfalen sei weiterhin groß gewesen. Mit insgesamt 82.309 Verfahren bewege sich die Eingangsbelastung trotz eines leichten Rückgangs weiterhin auf sehr hohem Niveau. Dies gelte auch für die Streitig­keiten der Grundsicherung für Arbeit­suchende ("Hartz IV"), die mit 27.772 Verfahren den höchsten Anteil aus­machten. Der Abbau von Altbeständen habe weiterhin absolute Priorität, um effektiven sozialen Rechtsschutz ge­währleisten zu können. Mit der Neuein­stellung von bislang acht zusätzlichen Richterinnen und Richtern habe ein Programm zum Bestandsabbau initiiert werden können, das erste Früchte ge­tragen habe.

Die Auswirkungen des Zuzugs von Flüchtlingen sind bei den Sozialge­richten des bevölkerungsstärksten Bundes­landes angekommen. Nieding: "Die Menschen, die nach Deutschland fliehen, haben zum großen Teil noch keine deutschen Sprachkenntnisse und müssen in den Arbeitsmarkt erst noch integriert werden. Bis dies gelun­gen ist, haben sie Ansprüche als Asyl­bewerber und später auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsu­chende. Eine seriöse und belastbare Prognose der Anzahl zusätzlicher Verfahren ist gegenwärtig nicht möglich."

Keine durchgreifenden Entlastungs­effekte erwartet Nieding von dem gerade von Ministerin Nahles einge­brachten Gesetz zur Vereinfachung des Leistungsrechts der Grundsi­cherung für Arbeitsuchende. "Der Entwurf ist eher Stückwerk. Er regelt offene Detailfragen, substantielle Beiträge zum Bürokratieabbau oder zur Verfahrensreduzierung kann ich nicht erkennen. Die geplante Verlänge­rung der Leistungsbewilligung von sechs auf zwölf Monate wird die Ge­richts­barkeit sogar eher be- als entlasten, da die Streitwerte höher und die Verfahren unübersichtlicher werden."