Essen. Der 8. Senat verhandelt am 6.7.2016 über ein Berufungsverfahren aus dem Versicherungs- und Beitragsrecht (Az.: L 8 R 761/14) 

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens (§ 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch [SGB IV]) darüber, ob der zum Zeitpunkt der Verhandlung 61jährige, in A wohnende Beigeladene zu 1) in seiner Eigenschaft als Musiklehrer an der Musikschule der klagenden Stadt A in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden hat oder ob er selbständiger, nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegender freier Mitarbeiter war. 

Der Beigeladene zu 1) war bereits von 2005 bis 2007 als angestellter Musiklehrer an der Musikschule A tätig. Offenbar auf der Grundlage eines Abschlussberichtes über die Prüfung der organisatorischen Form der Musikschule der Stadt A, den die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement im Auftrag der Stadt erstellt hat, beschloss der Rat der Stadt Ende 2008, zur Erreichung eines Kostendeckungsgrades von 50 % im Kernbereich und 100 % im Projektbereich ausscheidende Musiklehrerinnen und Musiklehrer soweit möglich durch Honorarkräfte zu ersetzen. 

In den Jahren 2011 bis 2014 war der Beigeladene zu 1) bei der Klägerin aufgrund von Honorarverträgen als Musiklehrer tätig, wobei der Stundenumfang von zwischen 7 und 12 Unterrichtsstunden pro Woche dem jeweiligen Unterrichtsbedarf angepasst wurde. Es wurde ausdrücklich eine „selbständige Tätigkeit als freier Mitarbeiter“ vereinbart. Grundlage für den Unterricht war laut Honorarvertrag das Lehrplanwerk des Verbandes deutscher Musikschulen (VdM), dessen Mitglied die Musikschule A ist. „Im Übrigen“ war der Beigeladene zu 1) in der inhaltlichen und methodischen Gestaltung des Unterrichts frei. Er hatte die übernommene Lehrtätigkeit persönlich auszuüben, Stundennachweise und Anwesenheitslisten zu führen und die festgelegten Unterrichtsstunden genau einzuhalten. Die Stadt A war berechtigt, sich jederzeit über die vertragsmäßige Ausführung der Leistung zu unterrichten. Ausgefallene Unterrichtsstunden wurden in Absprache mit der Musikschule nachzuholen. Der Beigeladene zu 1) erhielt ein vereinbartes Stundenhonorar. Die Teilnahme an Konferenzen und Konzerten wurde gesondert vergütet. 

Die Deutsche Rentenversicherung Bund als Clearingstelle stellte auf Antrag des Beigeladenen zu 1) fest, dass dieser in seiner Beschäftigung als Musiklehrer an der Musikschule A der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung unterliege. Die dagegen von der Stadt A erhobene Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg. 

Der Senat wird über die Berufung der Stadt A aufgrund mündlicher Verhandlung mit Beweisaufnahme (Vernehmung des Leiters der Musikschule als Zeugen) entscheiden. 

Hintergrundinformation

Die Bedeutung des Falles geht über den Einzelfall hinaus. Die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen der pädagogischen Arbeit an öffentlichen und privaten Musikschulen ist seit Jahren Gegenstand der öffentlichen Diskussion (vgl. z.B. die anliegende Auswertung der ver.di-Umfrage „Einkommenssituation und Arbeitsbedingungen von Musikschullehrkräften und Privatmusiklehrkräften“ (2008). Speziell die schwierigen rechtlichen Fragen haben dazu geführt, dass der Deutsche Tonkünstlerverband (DTKV) und der Bundesverband deutscher Privatmusikschulen einen „Honorarrahmenvertrag“ nebst Leitfaden im Sinne einer Empfehlung zur Vertragsgestaltung entwickelt haben, dem demnächst eine weitere gemeinsame Empfehlung zwischen DTKV und VdM folgen soll. Der Prozessbevollmächtigte der Stadt A ist Vertragsanwalt des VdM. Der Beigeladene zu 1) wird von der DGB Rechtsschutz GmbH vertreten. 

Organisatorische Fragen

Termin: 6.7.2016, 11:45 Uhr, Saal 2219