05.01.2011

Essen. Die Allgemeine Ortskranken­kasse (AOK) Bayern muss für 2009 wegen der Einführung des Gesund­heitsfond zu viel erhaltene Ausgleichs­beträge in Höhe von 91 Millionen Euro sofort zurückzahlen. Das hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) zur Jahres­wende in einem Eilverfahren ent­schieden. Das LSG NRW hat mit dem jetzt veröffentlichten Beschluss einen Antrag der AOK Bayern abgelehnt, die vom Bundesversi­cherungsamt (BVA) im Jahresaus­gleich für das Jahr 2009 festgesetzte Rückzahlungsverpfli­chtung in Höhe von 91 Millionen Euro vorläufig auszusetzen, solange das beim LSG NRW dagegen angestrengte Klageverfahren andauert. Das Bundes­versicherungsamt (BVA), das den Gesundheitsfonds verwaltet, hatte die AOK Bayern im November 2010 verpflichtet, ab Januar 2011 rd. 91 Mio Euro in 12 monatlichen Teilbeträgen zurückzuzahlen.

Zum Hintergrund: Seit dem 1.1.2009 erhalten die Krankenkassen die Finanzmittel zur Bestreitung ihrer Ausgaben aus dem so genannten Gesundheitsfonds. In diesem Zu­sammenhang hat der Gesetzgeber zusätzliche Zahlungen (sog. Konvergenz­beträge) an die Kassen vorgesehen, deren Belastung durch die Umstellung der Finanzierung 100 Mio Euro über­steigt. Allerdings lagen bei Start des Gesundheitsfonds keine verlässlichen Daten vor. Deshalb bestand erhebliche Unsicherheit hinsichtlich des tatsäch­lichen Ausmaßes der Belastung. Die Kassen erhielten zunächst seit Januar 2009 im monatlichen Abschlagsverfahren Konvergenzzuweisungen auf der Grund­lage von Daten aus den Jahren 2006 bzw. 2007. Bereits im November 2009 ergaben Berechnungen auf der Grund­lage aktualisierter Daten, dass das Konvergenzvolumen für 2009 voraus­sichtlich statt der erwarteten rd. 760 Mio Euro nur ca.130 Mio Euro betragen würde. Tatsächlich hat sich in dem dann im November 2010 durchgeführten Jahresausgleich ein entsprechend geringerer Ausgleichs­bedarf ergeben. Das führte zu der genannten Rückfor­derung von 91 Millionen Euro gegenüber der AOK Bayern.

Die AOK Bayern will diese Rück­forderung nicht hinnehmen und vertritt die Meinung, sie habe darauf vertrauen dürfen, die monatlichen Zahlungen behalten zu dürfen. Für die Rück­forderung fehle es an einer gesetz­lichen Grundlage. Rück­zahlungen von Konvergenzmitteln seien auch nach dem Sinn und Zweck der Regelung ausgeschlossen, weil die durch diese Mittel zu finanzierenden Versor­gungsstrukturen erst allmählich an die neuen Finanzierungsbedingungen ange­passt werden könnten. Sie wollte mit ihrem vor dem LSG NRW geführten Eilverfahren zunächst erreichen, dass die Rückzahlung für die Dauer des von der AOK angestrengten Klageverfahrens ausgesetzt wird. Damit ist sie erfolglos geblieben. Das LSG NRW hat entschie­den, dass kraft Gesetzes die Rück­forderung sofort vollzogen werden dürfe. Es komme auch nicht in Betracht, die Vollziehung vorläufig auszusetzen, da die Klage keine Aussicht auf Erfolg habe. Das Gesetz sehe die Rückzahlung zuviel erhaltener Zuweisungen vor, wenn sich im Jahresausgleich auf der Grundlage aktueller Daten eine Überzahlung ergebe. Diese Bestimmung gelte für Konvergenz­beträge ebenso wie für die Zuweisungen für Leistungsausgaben und Verwaltungs­kosten. Entgegen der Auffassung der AOK sei dies auch mit dem Zweck dieser Ausgleichszahlungen vereinbar: Wenn die endgültige Berechnung ergebe, dass die Einführung des Gesundheitsfonds nur eine geringe Belastung der betroffenen Kasse zur Folge gehabt habe, entfalle der sachliche Grund für Ausgleichs­zahlungen, so dass es nicht gerechtfertigt sei, dieser höhere Mittel zu belassen, die sie auf der Grundlage veralteter Daten erhalten habe. Der AOK sei auch bekannt gewesen, dass die monatlichen Ab­schlagszahlungen auf unsicherer Daten­basis erfolgten und ggf im Jahresaus­gleich eine Korrektur erfolgen werde, so dass kein Raum für Vertrauensschutz sei.

Der Beschluss ist unanfechtbar. Wann das LSG NRW über die Klage in der Hauptsache entscheiden wird, steht noch nicht fest.
(LSG NRW, Beschluss v. 28.12.2010 - L 16 KR 661/10 ER)