Essen. In der heutigen Jahrespresse­konferenz hat der Vizepräsident des Landessozialgerichts Nordrhein-West­falen Martin Löns die Geschäftsbilanz der Sozialgerichtsbarkeit in Nordrhein-Westfalen für 2018 vorgestellt. 

Die Gerichtsbarkeit blickt auf ein schwieriges Jahr zurück. Denn Anfang November 2018 gingen bei den Sozialgerichten innerhalb weniger Tage rund 10.000 Klagen gesetzlicher Krankenkassen gegen Krankenhausträger auf Rückzahlung bereits abgerechneter Krankenhausbehandlungskosten ein. Auslöser dieser Entwicklung war das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG) vom 11.12.2018, mit dem u.a. rückwirkend zum 09.11.2018 eine Ausschlussfrist für vor dem 01.01.2017 entstandene Erstattungsansprüche der Kassen geschaffen wurde, was diese noch während des laufenden Gesetzgebungsverfahrens zur Klageerhebung motivierte. 

Hinter den Klageforderungen über viele Millionen Euro verbirgt sich eine noch nicht zu beziffernde hohe Anzahl von Einzelansprüchen. Diese müssen aber voraussichtlich einer jeweils separaten Prüfung unterzogen werden, häufig werden auch Gutachten medizinischer Sachverständiger einzuholen sein. "Wahrscheinlich ist in vielen der Verfahren ein erheblicher Aufwand zu betreiben" so Löns. 

Die Mehrbelastung bildet sich somit nicht allein in der Zahl der bereits erfassten Klagen und dem Anstieg der Gesamteingänge von 85.419 auf 96.815 (+13,34%) sowie dem neuen Höchststand von 101.621 anhängigen Verfahren zum Jahresende ab. Nach Einschätzung von Löns ist es aufgrund des Überraschungscoups des Gesetzgebers durchaus möglich, dass die Sozialgerichtsbarkeit zehntausende zusätzliche Verfahren mit einem erheblichen Arbeitsaufwand zu schultern hat, ohne vor allem personell darauf vorbereitet zu sein. „Die Situation vor Ort ist sowohl für den richterlichen als auch für den nichtrichterlichen Dienst dramatisch“ berichtete Richterin am Sozialgericht Jutta Harde, Vorsitzende einer Kammer für Krankenversicherungsrecht in erster Instanz. 

In laufenden Gesprächen mit dem Ministerium der Justiz wird geklärt, wie mit dieser extremen Belastungssituation, die der der Verwaltungsgerichte in den vergangenen Jahren (sog. "Asylwelle") vergleichbar sein könnte, umzugehen ist.